Suchttherapie, Psychoanalytisch-interaktionelle Psychotherapie
Psychoanalytisch-interaktionellen Psychotherapie: Das Arbeitsbündnis
Eine Vergegenwärtigung der Störungsbilder und der Psychopathologie von Suchterkrankungen verdeutlicht, dass es diesen Kranken an der Voraussetzung mangelt, ein stabiles Arbeitsbündnis einzugehen. Dies liegt u. a. an einem nicht oder nur mangelhaft entwickeltem Urvertrauen, d. h. diese Patienten konnten keine ausreichend guten Erfahrungen mit ihren primären Objekten machen und damit auch kein ausreichend „gutes“ Ganzobjekt verinnerlichen. Es handelt sich also um Patienten, die in ihrer frühen Entwicklung keine ausreichenden Erfahrungen mit verlässlichen, die Bedürfnisse des Kindes angemessen befriedigenden, Schutz und Geborgenheit spendenden, sogenannten „haltenden Objekten“ machen konnten (Heigl-Evers, 1997).
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Wenn also die Fähigkeit zu Herstellung eines Arbeitsbündnisses nicht vorausgesetzt werden kann, muss der Therapeut diese Fähigkeit immer wieder als Hilfs-Ich anbieten und damit das Arbeitsbündnis aufrechterhalten, bis der Patient durch Identifikation mit dem Therapeuten selbst dazu in der Lage ist. Die Entwicklung der Fähigkeit zur Herstellung des Arbeitsbündnis ist also bereits ein Ziel der Therapie.
Zu Beginn der Therapie hat der Suchtkranke noch eine intensive (Übertragungs-) Beziehung zu seinem Suchtmittel. Damit er darauf verzichten kann, muss die therapeutische Beziehung an die Stelle des Suchtmittels treten und die Funktionen des Suchtmittels übernehmen. Dies führt zu einem unrealistischen Übertragungsangebot durch den Therapeuten, dass jedoch zur Förderung eines tragfähigen Arbeitsbündnisses zunächst akzeptiert wird. In der Anfangsphase der Therapie wird der Therapeut mit Wünschen und Forderungen nach fast grenzenlosem Verständnis, bedingungsloser Zuwendung und Verfügbarkeit konfrontiert. Diese Forderungen haben das Ziel, den Süchtigen vor unerträglichen Lust-/Unlustspannungen abzuschirmen. Eigenschaften, Anliegen oder persönliche Eigenarten des Therapeuten werden kaum oder nur verzerrt wahrgenommen (Schallehn, Vogelbruck, 1993). Diese unrealistische Überangebot wird zur Vermeidung von Therapieabbrüchen und zur Schaffung eines tragbaren Arbeitsbündnisses vom Therapeuten zunächst akzeptiert. Im weiteren Therapieverlauf wird diese Realitätsverzerrung allmählich aufgehoben.