Atemtherapie

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Atemtherapie

Kurzbeschreibung der Atemtherapie

Atem und Atmung können als bedeutendes Bindeglied zwischen Körper, Geist und Seele angesehen werden. Sie sind daher nicht nur für den funktionalen Austausch lebensnotwendiger Stoffe von Bedeutung, sondern sie eröffnen dem Menschen eine Verbindung zwischen der inneren und äußeren Welt, beeinflussen eine Vielzahl psychischer und physiologischer Prozesse und wirken auf das Zusammenspiel der Organe und Organsysteme. Die Ursache für diese vielfältigen Auswirkungen beruht aus neurophysiologischer Sicht auf der Verbindung des Atemzentrums mit anderen vegetativen Zentren, mit der Formatio reticularis, (ausgedehntes, diffuses Neuronennetzwerk im Hirnstamm) mit der Hypophyse (Hormondrüse, die eine zentrale und übergeordnete Rolle bei der Regulation des endokrinen Systems hat) und dem Gamma-Nervensystem (Einfluss auf den Muskeltonus).

Obwohl die Atmung unwillkürlich gesteuert ist, verfügt jeder Mensch über eigene Atemmuster, die durch äußere Reize (Wärme, Kälte, Verletzungen) und innere Reize (Gefühle von Angst, Wut, Freude, Lust) beeinflusst werden. Durch bewusste Atmung, kann der Atemrhythmus verändert werden, d. h es kann z. B. langsamer, schneller und tiefer geatmet werden oder länger ein- und/oder ausgeatmet werden.

Atemtherapie nach Middendorf:

Die Atemtherapie nach Middendorf geht in ihrer Intention über den rein körperlichen Aspekt der Atmung hinaus und wendet sich an den ganzen Menschen. Als "ganz" wird der Mensch verstanden in all seinen inneren und äußeren Bezügen, auf die er physisch und psychisch (d. h. emotional und kognitiv) reagiert. Beim kranken Menschen sind diese Bezüge gestört. Diese gestörten Bezüge sollen im Rahmen der Atemtherapie nach Middendorf bewusst gemacht werden. Dazu wird die Atmung verwendet, weil sie die einzige Grundfunktion ist, in der sich Seelisches und Körperliches ausdrückt, das für den Patienten und Therapeuten wahrnehmbar und beeinflussbar ist.

Die wesentlichen Grundpfeiler des therapeutischen Konzeptes sind die Elemente Empfinden, Sammeln und Atmen:

Empfinden bedeutet die Wahrnehmung der körperlichen Realität, d. h. die Empfindungsfähigkeit für die Körpergrenzen, den Körperinnenraum und so auch den Bezug zum Außenraum. Neurophysiologisch sind hierfür Oberflächen- und Tiefensensibilität, kinästhetischer Sinn sowie die Afferenzen (Gesamtheit aller von der Peripherie zum Zentralnervensystem laufenden Nervenfasern) des Gamma-Nervensystems von besonderer Bedeutung.

Sammeln meint die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Körpergegend zu lenken, dort zu halten und sie psychisch als integralen Teil der Gesamtpersönlichkeit zu begreifen. Neurophysiologisch ist dieser komplexe Vorgang besonders durch Cortex-Thalamus-Verschaltungen möglich.

Atmen meint das natürliche rhythmische Geschehen, ein "Weit und Schmal-Werden" des Körperinnenraums mit Dehnung und Nachgeben der Körperwände. Diese Atembewegung ist sichtbare und spürbare Realität, die unbewusst bleiben kann oder vom Willen steuerbar ist. Zwischen unbewusstem Atmen und willkürlichem Atmen steht die Möglichkeit, die Atembewegung, wie sie von selbst läuft, innerlich zu erleben, so dass sich Atmung zur Form des "Erfahrbaren Atems" verändert, der Kern dieser Art der Atemtherapie ist.

Die Verknüpfung von Empfinden, Sammeln und Atmen ist die wesentliche Voraussetzung für ganzheitliches Erleben, d. h. es soll ursprüngliche Lebendigkeit zurückgewonnen werden und damit die Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Physis und Psyche werden in das Atemerleben integriert, so dass leibliche Durchlässigkeit für die Atembewegung entsteht, durch die der Weg zur Heilung des ganzen Menschen geebnet wird.